Wir alle haben nur eine begrenzte Zeit auf dieser Erde.
Wir sollten sie sinnvoll nutzen
Flocki
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F L O C K I,   D E R   S P R E E W A L D F U C H S I. Flockis Heimat Im Spreewald geht die Sonne früher auf und steigt auf eine hohe Leiter. Dann rollt sie auf die blaue Wolke rauf und wandert auf dem Himmelsbogen weiter. Sie weckt verschlafene Menschen und die Tiere und will zu allen lieb und freundlich sein. Wir öffnen gleich die Fenster und die Türe und laden ihre warmen Strahlen ein. Ganz leise rollt sie über weite Kiefernwälder, auch über Wiesen, Moor und viele Fließe. Sie küsst die Blumen, schaut auf bunte Felder, auf denen roter Mohn und Sonnenblumen sprießen. Sie schickt die warmen Strahlen auf die Erde runter und spricht mit zarter Stimme zu den bunten Blüten: Schlagt eure schönsten Blätter auf und werdet munter; die Bienen warten schon auf eure süßen Honigtüten. Dann geht ein Summen und ein Brummen los, denn viele Bienen kommen jetzt in Schwärmen an. Sie krabbeln fleißig auf dem süßen Blütenschoß und naschen, was man naschen kann. Der Spreewald ist auch reich an blauen Seen, vom grünen Wald umrahmt, im hellen Sonnenschein. Da kann man Jung und Alt auf Campingplätzen sehen und alle wollen glücklich sein. Es tanzen bunte Enten und die schwarzen Rallen den Wasserwalzer auf den sanften Wellen. Das muss den weißen Möwen sehr gefallen, weil sie sich gern dazu gesellen. Die Nachtigall begleitet sie mit schönen Melodien. Der Kuckuck fliegt dann kreuz und quer. Den grauen Gänsen, die in Keilform ziehen, schaut mancher Angler träumend hinterher. Im Walde wachsen Pilze und auch blaue Beeren. Man kocht sie ein und grillt am Strand die Wurst. So manches kann man frisch verzehren; mit Säften oder Wein stillt man den Durst. Im Frühling brüten Entenmütter ihre Eier aus. Das machen sie ganz heimlich im Versteck, denn Krähen fliegen aus den Kronen naher Bäume raus und stehlen ungeschützte Eier einfach weg. Die Entenmütter überlisten gern die Krähen und schützen ihr Gelege, bis die Kücken schlüpfen. Dann kann man sie ganz plötzlich schwimmen sehen und wie sie an den Ufern in das Wasser hüpfen. Wie schnell sich diese Knäulchen gleich bewegen, wenn sie so eng gedrängt am Ufer naschen. Wie flink sie ihre kleinen Köpfchen regen, wenn sie die schillernden Insekten haschen. Dann laufen Kinder schnell zum Strand und möchten voller Freude mit den Kleinen spielen. Doch böse Kinder nehmen Steine in die Hand und wollen damit auf die Entlein zielen. Die Entenmütter wissen das und achten auch darauf. Sie halten ihre Kücken von den Bösewichtern fern. Auch Tierfreunde und gute Eltern passen auf, denn alle haben diese kleinen Knäulchen gern. Die kleinen Kücken wachsen schnell heran, wenn sie so ungehindert an den Ufern trollen. Doch manchmal greifen fremde Erpel an, weil sie den Strand für sich erobern wollen. Dann kann man aber was erleben, wenn Entenmütter auf die Erpel böse sind. Wie sie sich mutig in den Kampf begeben und jagen diese bösen Erpel in den Wind! Was denkt ihr, was die Kücken dabei machen? Ihr denkt: Sie werden sich vor Angst verstecken. Ihr würdet staunen und ganz herzlich lachen, weil sie sich selber mit den Erpeln zecken. Da rast ein solches Knäulchen einem Erpel hinterher, mit einer Drohgebärde, als wollte es den Erpel fressen. Auf einmal fürchtet sich der Erpel sehr und flieht, als wäre er vom Bösen Geist besessen! Die Schwäne schütteln dann vor Lachen ihre Köpfe und eine Ralle keckt, als würde sie darüber kichern, wie diese kleinen mutigen Geschöpfe gemeinsam mit der Mutter die Reviere sichern. Der Fischreiher tut so, als würde ihn das wenig interessieren. Wie angewurzelt steht er in dem flachen Wasser da, denn seine Augen müssen ganz gespannt ins Wasser stieren, damit er mit dem spitzen Schnabel Fische greifen kann. Der Seeadler lässt ihn gelassen stehen, denn Fischreiher gehören nicht zu seiner Beute. Er will nach großen Fischen oder Rallen spähen, doch stören ihn die Boote und die nahen Leute. Er rudert mit den breiten Schwingen auf das andere Ufer zu und kann mit seinen scharfen Augen alles überblicken. Die Krähen lassen ihn auch ausnahmsweise mal in Ruh, weil sie nach einem Sturm die eigenen Nester flicken. Sonst sind sie aufsässig und greifen ständig an. Den Adler möchten sie am liebsten ganz vertreiben; so dass er sich vor Krähen kaum noch retten kann. Sie wollen, dass die Adler fern von ihren Nestern bleiben. Ein Seeadler, der einen großen Fisch gefangen hat, muss auch ein gutes Plätzchen für die Mahlzeit wählen. Schon kommen alle Krähen angeflattert und wollen ihm die Beute stehlen! Die Rehe auf der Wiese äsen ruhig weiter. Sie halten sich aus diesem Streitfall raus. Den Magen mit den grünen Gräsern füllen ist gescheiter. So kommt man ohne Streit mit allen Tieren aus. Und dieses Land ist auch die Heimat, von Reineke, dem schlauen Jagdgesellen, auf den schon mancher sein Gewehr gerichtet hat und dem auch Jäger böse Fallen stellen. II. Flockis Eltern Flockis Vater war ein Waldarbeiter und hieß Tobi. Er jagte unter hohen Kiefernbäumen und war so arm wie Mäuse in der Wüste Gobi, die immer nur von einem satten Magen träumen. Er war um die Familie sehr besorgt. Für sie riskierte er sein Leben. Es gab kein Tier, das ihm was borgt; auch Menschen wollten ihm nichts geben. Sie aßen Brot und Fleisch und tranken Milch und Bier und wurden alle Tage richtig satt. Sie dachten nicht daran, was so ein ungeliebtes Tier in seiner Armut zu erdulden hat. Tobi wusste auch, er kann die Herzen nicht erweichen, denn er verstand kein Wort von dem Gebell der komischen Figuren, die nur auf zwei Beinen schleichen, denn diese waren sogar gierig auf sein schönes Fell. Die Urgroßmutter hatte über Zweibeiner sehr oft geklagt und viele Tränen jahrelang vergossen. Man hatte sie von vielen guten Stellen fortgejagt und ihren lieben Mann nur wegen seinem Fell erschossen. Sie fällten Bäume, legten Äcker an, wo sich so viele Mäuse früher satt ernährten und wo man heute wenig Beute machen kann, weil diese Zweibeiner das Land für sich begehrten. Ach, wäre es nur dieser große Kummer, den könnte man vielleicht ertragen. Doch über diese alte böse Zeit hat auch der Großvater noch Schlimmeres zu sagen: Es kamen Zweibeiner im grünen Fell mit einem Feuerstock, so lang und krumm. Der knallte laut und blitzte hell und brachte viele seiner Lieben um. Der Großvater hat nie ein solches Tier gesehen, das so brutal, so raffsüchtig und herzlos ist, wie diese, die nur auf zwei Beinen gehen und die zu seinem Unglück niemand frisst. Doch Tobis Großvater war längst gestorben. Ein strenger Winter hat ihn hingerafft. Der hohe Schnee hat ihm die Jagd verdorben und da verließ ihn seine letzte Lebenskraft. Am Grubensee traf Tobi eine junge Fehe, als sie am Ufer frisches Wasser trank. Sie wohnte vor den Blocksbergen in seiner Nähe und ging dort jeden Abend lang. Das war ein Wesen, wunderschön und schlank, wie man es früher nie gesehen hat und wenn die Sonne in dem nahen Wald versank, dann trank die Fehe sich an diesem Wasser satt. Tobi sprach sie schüchtern an und fragte nur: „Wie heißt du denn und warum trinkst du hier? Ich folgte heute deiner frischen Spur und wie ich dich betrachte, so gefällst du mir.“ „Ich bin Lisetta“, sagte sie und war verlegen. „Ich trinke alle Tage hier das wunderbare Nass; denn dieser See ist unser allergrößter Segen und so ein reines Wasser trinken, macht mir Spaß. Ich sah noch kein Gewässer weit und breit, das so ein klares Wasser anzubieten hat und darum sei auch du gescheit und trinke dich an diesem Wasser richtig satt!“   III. Zu zweit auf Wanderschaft So haben beide sich bekannt gemacht und lieb gewonnen und wollten auch am Grubensee für immer bleiben. Doch dieser Traum ist schnell zerronnen, weil Zweibeiner die Tiere auch vom Grubensee vertreiben. Sie kamen beide ganz ermüdet in Alt Schadow an, um ihren Durst am Neuendorfer See zu stillen. Doch auf der Jagd fängt man nur dann und wann an diesem Ort so ein paar Käfer oder Grillen. Der Hunger trieb sie aus Alt Schadow fort. In großem Bogen hatten sie den See umgangen. Auch Wutscherogge war noch nicht der rechte Ort zum wohnen und zum Mäuse fangen. Mal sprangen – und mal liefen sie den Strand entlang in Richtung Neuendorf am See. Am Zeltplatz wurde ihnen etwas bange und sie umgingen ihn durch Gras und Klee. Dann konnten sie ein Wäldchen vor sich sehen. Da grenzten flache Hügel an den nahen See. Lisetta konnte nicht mehr weiter gehen, denn ihre Füße taten ihr schon weh. Sie hielten Rat und kamen überein: Lisetta muss die Beine etwas schonen. Hier Nahrung finden wäre fein. Dann könnte man in diesem Wäldchen wohnen. IV. In der neuen Heimat Sie gingen in das Wäldchen rein und ließen sich da häuslich nieder. Lisetta pflegte fürsorglich ihr krankes Bein und Tobi sang ihr dabei schöne Lieder. Sie machten Hochzeit, schworen sich die Treue und wurden auch so leidlich satt, weil diese Gegend jeden Tag aufs Neue dem Pärchen irgendwas zu bieten hat. Da war der See, an dessen Ufer tote Fische lagen. Im nahen Walde fand man ab und zu ein totes Tier. Es gab auch Mäuse auf der Wiese, die an Halmen nagen und beide dachten gleich: Wir bleiben hier! Die Zeit verging. Lisetta hatte Drillinge geboren. Die ersten beiden Rüden hatten eine kräftige Gestalt. Sie spielten mit den Pfoten, -  mit den Ohren und musterten schon ab und zu den Wald. Das dritte Kind war nicht so kräftig und so frisch. Es wurde auch beim Säugen abgedrängt. Recht mager war sein Futtertisch und niemand hat ihm was geschenkt. Lisetta nannte ihren Erstgeborenen „Bocki“, weil er die Brüder schupste und ganz gerne bockte. Den zweiten Rüden nannte sie dann „Hocki“, weil er so gerne ungestört in einer Ecke hockte. Der kleinste Rüde machte ihr schon Kummer. Die Brüder nannten ihn die „Braune Flocke“. Er war zwar schwächlich, aber auch kein Dummer, da nannte sie ihn einfach „Flocki“. V. Flockis Kindheit Flocki hatte eine schwere Kindheit. Die großen Brüder schnappten ihm das meiste weg. Sie lachten über ihn und neckten ihn zu zweit  am hellen Tage und auch in der Dunkelheit. Sie wurden größer, - brauchten viel mehr Futter. Doch Tobi konnte so viel Futter gar nicht finden. Da musste sich auch Flockis Mutter vom Abend bis zum Morgen damit schinden. Das karge Leben war für alle furchtbar schwer. Der stete Hunger war nicht zu ertragen. Lisetta schaffte auch nicht mehr und Vater Tobi war schon am Verzagen. Er schlich durch Dörfer, brach in Hühnerställe ein, um seinen Kindern mehr zu geben. Auf einem Zeltplatz schaute er in Abfallkübel rein und so riskierte er noch mehr sein Leben. Dann kam ein großes Unglück über alle, denn Vater Tobi kehrte plötzlich nicht mehr heim. Es gab kein Zweifel mehr, - in einem solchen Falle kann Vater Tobi gar nicht mehr am Leben sein! Die tiefe Trauer wich den bangen Fragen, die man im ganzen Leben nicht vergisst. Doch keiner konnte was Genaues sagen, wie Vater Tobi umgekommen ist. Lisetta konnte sich nicht denken, wie nun das Leben weitergehen kann. Es hatte niemand was zu schenken und von alleine kam kein Futter ran. VI. Lisettas fragwürdiger Plan Lisetta flossen Tränen von den Wangen. Dann überlegte sie und hatte einen kühnen Plan. Sie ist am hellen Tage auf den Zeltplatz hingegangen und bettelte die zweibeinigen Zeltbewohner an. Sie machte es sehr klug, sehr mutig und auch überlegt. Sie trippelte ganz einfach an den Zweibeinern vorbei. Sie wollte wissen, ob sich eine gute Seele regt und hörte dann den lauten Schrei: „Ein Fuchs! Und das am hellen Tage! Wie frech sind doch die Viecher, die das wagen! Was soll hier diese Ungezieferplage! Ist denn kein Knüppel da, um ihn gleich zu erschlagen?“ Da sahen sich schon manche halb gefressen, - vom Hundefinnenbandwurm tödlich angenagt und von der Tollwut angesteckt und auch besessen, weil so was auf dem Zeltplatz zu erscheinen wagt. Die Menschen dachten auch mit keiner Silbe dran, dass sie den Tieren das Revier gestohlen haben und dichteten Lisetta schlimmste Dinge an, als brächte sie den Menschen nur noch Plagen. Dann kamen auch beherzte Menschen knapp zu Wort. Für sie war die Lisetta eine Zeltplatzattraktion. Sie dachten gar nicht an den frechen Mord und kamen so zu dem verdienten Lohn. Lisetta zeigte sich von ihrer besten Seite. Sie war auch scheu, doch ließ sie sich betrachten und suchte nicht das Weite, wenn man ihr was zum naschen brachte. Selbst die beherzten Leute verstanden die Lisetta nicht. Sie reichten ihr paar Kekse oder etwas Schokolade. Doch Kinder zu ernähren, war jetzt ihre Pflicht und ihretwegen flehte sie um Gnade. Und diese Kinder waren schon vor Hunger krank. Sie brauchten große Mengen gutes Futter und darauf warteten sie wochenlang und nicht auf etwas Schokolade oder Keks mit Butter! Lisetta sah das voller Trauer und mit Tränen im Gesicht und konnte niemandem den Grund dafür erklären, denn sie verstand die Sprache dieser Menschen nicht, die ihr so kleine Kostbarkeiten freigebig gewähren. VII.  Lisettas Verzweiflungstat Betrübt ging sie zu ihrer Kinderschar, die schon entkräftet ihre Köpfe neigen. Und dabei wurde ihr ganz klar: Sie muss den dummen Menschen ihre Kinder zeigen. Erst wenn sie mit den eigenen Augen sehen, wie ausgehungert diese armen Wesen sind, dann werden sie auch mehr verstehen und sind nicht mehr so taub und blind. So kam Lisetta aus dem Bau heraus mit ihren beiden großen Söhnen. Der Schwächere, Flocki, blieb zu Haus. Auch daran sollte er sich noch gewöhnen. Sie ahnte nicht, dass Zweibeiner mit grünem Fell schon aufgeputscht im Hinterhalt gewartet haben. Es ging dann alles furchtbar schnell mit dieser anderen Art von „Liebesgaben.“ Drei Schüsse krachten aus dem Feuerstock. Schon warf der erste Schuss Lisetta in das feuchte Gras. Vor Schreck erlitten ihre Kinder einen Schock; dann gaben sie ihr Leben für den Jägerspaß. Flocki wartete auf seine Lieben. Die Mutter hatte beide Brüder mitgenommen. Wo sind sie alle nur geblieben? Sie wollten doch bald wiederkommen! Er schaute angestrengt zum Wald herüber. Auch auf der Wiese konnte er nichts sehen und seine Hoffnung wurde immer trüber. Er sollte auch nicht aus dem Hause gehen. So blieb dann Flocki ganz allein am Leben und war auf sich allein gestellt. Er dachte: Nun wird keiner mir was geben, auf dieser hinterhältigen und so brutalen Welt. VIII. Flockis erster Erfolg Wie schwer war jetzt ein guter Rat! Wie schnell kann Böses böser werden! Wie sehr verändert eine böse Tat, das Leben derer, die davon betroffen werden! Flocki wartete mit Zögern und mit Bangen, bis ihn der Hunger aus dem Fuchsbau trieb. Dann ist er selber auf die Jagd gegangen, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Und Flocki hatte großes Glück. Die Wellen spülten einen Hecht an Land, der durch ein großes Missgeschick vor kurzem hier sein Ende fand. Ein Boot mit einem starken Motor raste, als wenn ein böser Geist auf einer Welle ritt, wobei die Schraube diesen Fisch erfasste und ihm sehr tiefe Wunden in den Rücken schnitt. Flocki zog den schweren Fisch an Land und suchte einen gut geschützten Platz, den er in einer kleinen Senke fand; da prüfte er mit seiner Nase diesen Schatz. Dann stopfte er den Magen richtig voll. Er muss mit niemandem die Beute teilen. Sich einmal richtig satt zu fressen, das war toll. Er musste sich auch nicht beeilen. Nicht alles konnte er in seinen Magen pressen. Ein großer Happen lag noch unversehrt. Er wusste auch: Man könnte davon essen, wenn man mit leerem Magen wiederkehrt. Mit seinen Vorderpfoten grub er so ein kleines Nest. Da legte er mit Sorgfalt diesen Rest hinein. Mit seiner Nase drückte er den Happen fest, denn der muss kühl gelagert sein. Das alles wurde dann mit Streu und Moos bedeckt und war vor fremden Blicken gut verborgen. Und wenn man seinen Überschuss so gut versteckt, dann hat man vorerst keine Futtersorgen. Nun überfiel ihn eine große Müdigkeit. Er suchte sich zum schlafen eine gute Stelle. Da legte er sich auf sein rötlich-braunes Kleid und träumte von dem Fisch auf einer Welle. Er sah im Traum, wie dieser große Fisch so plötzlich auf die hohe Welle sprang. Dann überschlug er sich und fiel auf seinen Tisch, als er gerade Wasser trank. Er spürte so ein großes Wohlbehagen und seine Welt sah nun ganz anders aus. Er hatte keinen Hunger, brauchte nicht zu klagen; nun glich sein Leben einem Blumenstrauß. IX. Nicht immer hat man Glück So könnte es auch ewig weiter bleiben. Ein satter Magen, das ist ein Vergnügen. Man kann mit Spielen seine Zeit vertreiben, doch hat sich alles der Vergänglichkeit zu fügen. Flocki stand schon wieder ratlos da, vor einem leeren Tisch im sicheren Versteck. Der Strand war auch noch immer nah, der Fisch war aber aufgezehrt und weg. Er lief den Strand entlang in kleinen Sprüngen. Von einem Hecht war gar nichts mehr zu sehen. Er hörte nur die Vögel zwitschern oder singen und musste ohne einen Fisch nach Hause gehen. So war es auch am nächsten Tage und einem weiteren darauf. Dann gab auch Flocki ohne jede weitere Frage das Suchen dort am Strande auf. Dann lief er auf den Wiesen kreuz und quer und dachte stets: Hier muss es Mäuse geben.“ Doch Mäuse fürchten sich vor Füchsen sehr. Sie möchten gerne weiter leben.  X. Die Versuchung So trollte er die liebe halbe Nacht auf Wiesen, Wegen und am Waldesrand, bis er ganz plötzlich ungewollt und nicht bedacht, vor einem Zaun am Zeltplatz stand. Erschrocken wich er nicht von dieser Stelle. - versank ins Gras, als wäre er ein Hase. Da wälzte sich so eine satte Welle von Zauberdüften auf die Nase. Das konnte gar nicht anders sein, wenn Camper ihre Schnitzel grillten, und manche auch mit einem halben Schwein den kleinen Kühlschrank überfüllten. . Für Camper ist es sehr gemütlich hier. Sie werden kaum um junge Füchse bangen. Man isst sich satt, trinkt sein Glas Bier und geht auch keine Mäuse fangen. So ist auf leisen Sohlen in der Nacht der Flocki bis an diesen Zaun gegangen. Der Magen knurrt und niemand wacht, er muss was finden oder fangen! Noch einmal zog er tief die Düfte ein, die ihm der Wind vom Zeltplatz brachte. Wie kommt man durch den Zaun herein? Das war jetzt alles, was er dachte. Er lief den Zaun entlang und suchte da ein Loch. Doch diese Mühe zahlte sich nicht aus und auch der Duft der durch die Maschen kroch, kam nicht mit einer Bratwurst raus. XI.  Im Schlaraffenland Noch einmal hüpfte Flocki diesen Zaun entlang und endlich konnte er das Ende sehen. Um dessen letzten Pfahl herum – ein kurzer Gang, nun konnte er nach seiner Nase gehen! Die Nase führte ihn wie eine Kompassnadel. Hier war die Futtersuche nur ein Kinderspiel. Sie diente ihm stets ohne Tadel und schon war Flocki auch am Ziel! Das war das Vorzelt von Herrn Schlemmermann. Den siebzigsten Geburtstag hatte er gefeiert. Vom Schnaps bedudelt, fing er noch zu singen an und hat sich dann so tralala ins warme Bett geleiert. Natürlich hatte er den Tisch nicht abgeräumt. Auch Stühle standen wirr daneben. So ist das, wenn man nach dem Trinken träumt und die Gedanken dann so halb verloren schweben. Sogar die Türe war noch offen, was Flocki als charmante Einladung empfand. Er ist zur rechten Zeit hier eingetroffen und schnürte durch die Pforte ins Schlaraffenland. Ein Stuhl stand einladend, wie eine Leiter in diesem ungeordneten Gemisch. Schnell war er drauf und sprang gleich weiter und schon stand Flocki auf dem Campingtisch. Er musste selber eingestehen: Was er nun sah, das konnten seine Sinne gar nicht fassen. Noch nie im Leben hat er solche Reichtümer gesehen und dazu noch geordnet, in Töpfen, Tellern, Tassen. Rein gar nichts steckte tief im Sand und lag auf Moos. Man musste überhaupt nichts fangen! Hier lagen Futterstücke flach und rund und klein und groß. Man brauchte nur noch hinzulangen! In einer flachen Mulde, glänzend hell, da lagen Mäuse, braun und rund, ganz ohne Beine, Schwanz und Fell, wahrscheinlich hatten sie auch Knochenschwund. Die Menschen nennen diese Edelmäuse auch „Buletten“; warum, - das wusste Flocki nicht. Er würde aber um zwei junge Krähen wetten, sie gaben ein sehr köstliches Gericht! Schon fraß er die Buletten in dem Schlemmerladen und riss dabei so eine große Flasche um. Der Schnaps ergoss sich auf die dürren Waden, auf Tisch und Stühle rings herum. Er trat in gelben Senf und rote Marmelade und rutschte in den weißen Quark. Um diese Speisen war es ihm nicht schade; er roch nur etwas komisch aber stark. So eine Bratwurst schnappte er noch nebenbei und auch ein gut gewürztes braun gebratenes Steak. Schnell noch ein Bissen von dem Kaviar mit Ei und Flocki machte sich schon auf den Weg. „Auf  Wiedersehen, Familie Schlemmermann und vielen Dank auch noch!“ Er freute sich, dass er so satt sein kann, obwohl er tüchtig nach dem Fusel roch. Zu Hause wälzte er sich lange hin und her. Er hatte seinen Magen tüchtig überladen. Der Schnapsgeruch, der störte ihn nicht mehr, denn hohes nasses Gras, das reinigt gut die Waden. XII. Die Folgen Am nächsten Morgen kam Herr Schlemmermann noch schlaftrunken aus seinem Bette. Schnell zog er seine Trainingshose an und eilte zur Toilette. Im Vorzelt ist er ausgerutscht in Quark und Senf und Fett und Marmelade. Ganz böse Worte sind ihm dabei rausgerutscht, von „Mordanschlag“ und „…kennen keine Gnade.“ Als er zurückkam, sah er sich genauer um. „Wie kommt der Quark hier an die Wände? Und warum liegt hier alles wild herum? Das taten doch nicht böse Menschenhände! Egal, ob man sich ärgert, tadelt oder lobt. Die Spuren sind von Nachbars ungezogenen Katzen! Sie haben erst im Quark herumgetobt und stempelten dann alles mit den weißen Tatzen! Wie oft hab ich dem Nachbarn schon gesagt, er soll doch endlich seine Katzen besser hüten! Doch hat er nie danach gefragt! Nun soll er mir den Schaden auch vergüten!“ Und während sich die Nachbarn heftig stritten, schlief Flocki tief und hatte einen schönen Traum. Er träumte, dass auf einer Bratwurst Edelmäuse ritten. Es war so lustig, diesem Schauspiel zuzuschauen! Das war schon Flockis erster und erfolgreicher Besuch. Nun wusste er: Auf diesem Zeltplatz gibt es Wundersachen und wenn man Hunger hat, dann holt man sich genug. Man muss es selbstverständlich öfter machen! Und so vergingen ein paar schöne Sommertage und Flocki wollte gar nicht mehr die Mäuse fressen. Die Bratwurst und die Edelmäuse wurden ihm zur Plage, denn solche Schnäppchen kann kein Fuchs vergessen.
…… Die Fortsetzung bzw. gesamte Geschichte ist im Regiaverlag für sehr wenig Geld käuflich zu erwerben. Die Geschichte von Flocki an sich beruht grösstenteils auf wahren Begebenheiten, die meisten Ortsnamen gibt es auch im Original.